
Von Oberstdorf zu Fuß über die Alpen bis nach Meran – die etwas anderen Flitterwochen!
Nach langen Überlegungen aufgrund der Corona-Lage, haben wir uns relativ spontan doch noch dazu entschlossen, in den Sommerferien wegzufahren. Nach ein bisschen Recherche und einer älteren Aufzeichnung der Sendung „Wunderschön – Über die Alpen wandern“ war klar: Wir wollen wandern. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern so richtig. Wir wollen Berge besteigen, zu Fuß voran kommen, Natur erleben und körperlich etwas leisten. Wir wollen die Alpen überqueren. Aber können wir so etwas überhaupt schaffen?
Von vorne bis hinten den bekannten Fernwanderweg E5 zu wandern und in Massenschlaflagern in Berghütten zu übernachten schied von Anfang an aus – erstens wegen Corona, zweitens weil man bereits Monate zuvor Schlafplätze hätte reservieren müssen und drittens weil das einfach nicht so unser Ding ist. Relativ schnell hatten wir eine Alternative für uns gefunden: Eine Alpenüberquerung auf alternativen Routen, individuell und nur zu zweit – ohne Gruppe, ohne Guide, dafür mit Hotelkomfort und Gepäcktransport. Sodass man nur mit einem leichten Tagesgepäck unterwegs sein und sich nachts in aller Ruhe regenerieren kann. Für den Anfang also eine sehr verlockende Reise für uns! Gefunden haben wir die Reise übrigens bei ASI Reisen.
Etappe 1 – vom Kleinwalsertal ins Lechtal
12 km, ↑ 800m, ↓ 300m, 4,5h

Los ging es morgens mit dem Linienbus bis nach Baad im Kleinwalsertal – hier startete unsere erste Wanderung bei wahnsinnig tollem Wetter. Es ging zunächst entlang des Bärguntbaches in einem idyllischen Tal leicht bergauf. Nach ca. 45 min erreicht man die Bärgunt-Hütte (1408m), die allerdings noch geschlossen hatte, als wir dort ankamen. Also ging es direkt weiter, es folgte ein steilerer Aufstieg durch ein Waldstück. Oben wurden wir mit einer wunderschönen und weitläufigen Alm belohnt, auf welcher wir die ersten Allgäu-Kühe und auch Pferde beobachten konnten. Weiter ging’s bergauf zum Hochalppass (1938m). Oben angekommen genossen wir ein kleines Picknick mit Blick auf den großen Widderstein (2533m).
Von nun an ging es bergab – und schnell wurde uns klar, dass es eine sehr gut Idee war, Wanderstöcke mitzunehmen! Man ist wirklich sicherer im Auf- und besonders im Abstieg und entlastet die Kniegelenke. Wir hatten nun das Ski-Gebiet Warth-Schröcken im Blick und stiegen immer weiter ab bis zur Jägeralpe am Hochtannbergpass. Hier belohnten wir uns erst einmal mit Kaspressknödelsuppe und Schnitzel mit Pommes, bevor es weiter bis in den Ortskern von Warth ging.
In Warth angekommen fuhren wir mit dem Bus bis nach Hägerau/Steeg, wo unsere erste Unterkunft auf uns wartete. Voller Elan spazierten wir noch bis zum Hägerauer Wasserfall und zum Kneipp-Becken am Lech – eine wunderbare Erfrischung für müde Wanderbeine! 🙂
Etappe 2 – vom Lechtal ins Inntal
10 km, ↑ 950m, ↓ 400m, 5h

Heute hingen schon am Morgen sehr viele Wolken in den Bergen, was leider auch den ganzen Tag so bleiben sollte. Außerdem wurde die heutige Route aufgrund eines Murenabgangs noch etwas verändert und so brachte man uns morgens mit einem Taxi bis zum Start der Wanderung kurz nach Bschlabs. Nach guten drei Stunden Aufstieg erreichten wir die Anhalter Hütte, die allerdings aufgrund von Umbauarbeiten geschlossen hatte und auch weiträumig abgesperrt war. Wir legten nur eine ganz kurze Pause ein, da sich ein Gewitter zusammenzubrauen drohte. Nichtsdestotrotz aßen wir unsere belegten Brote und konnten sogar noch zwei Murmeltiere beobachten, bevor es anfing zu regnen. Von nun an gingen wir so zügig wie wir konnten weiter – denn wer ist schon gern bei Gewitter in den Bergen…
Es ging weiter über das Steinjöchl (2198m) bis hinunter zum Hahntennjoch, wo wir an einer Bushaltestelle Unterschlupf fanden, bis der Regen etwas schwächer wurde. Vor lauter Regen hatten wir beim Abstieg wohl eine in der Beschreibung unserer Route erwähnte Abzweigung verpasst, sodass wir jetzt einfach querfeldein über eine Wiese weiter zu Maldonalpe wanderten – unserem heutigen Ziel. Die Maldonalpe ist die Melkalpe der Gemeinde Imst und bietet unglaublich leckere Köstlichkeiten an, alle regional und vor Ort produziert. Nach einer Stärkung wurden wir wieder vom Taxi abgeholt und nach Imst in unsere nächste Unterkunft gebracht. Zu Fuß kommt man von dort aus nämlich nur auf der Passstraße weiter – ziemlich unromantisch und auch gefährlich.
Etappe 3 – wunderbares Ötztal
13 km, ↑ 750m, ↓ 630m, 4,5h

Wir starteten heute in Umhausen, und schauten uns zunächst den Stuibenfall an, welchen man nach gut 45min erreicht. Der Stuibenfall ist mit 159m der größte Wasserfall Tirols. Wir staunten nicht schlecht, als uns klar wurde, dass unsere heutige Wanderung erst über eine 80m lange Hägebrücke zum Wasserfall hin, und dann 700 Stufen zum Wasserfall hinauf führte. Auf verschiedenen Plattformen hat man auf dem Weg immer wieder andere Perspektiven auf die gigantische Wassermenge. Ein echtes Highlight unserer Reise und absolut empfehlenswert!
Oben angekommen ging es weiter bis nach Niederthai und Lehen. Nach einem weiteren Auf- und Abstieg erreichten wir zur Mittagsrast die Jausenstation Wiesle, wo es leckere Käsespätzle für uns gab. Von dort aus ging es auf einem Waldweg wieder hinunter ins Tal bis nach Dorf Espan. Von Dort aus dann mit dem Bus weiter nach Sölden. Mit dem Wetter hatten wir wirklich Glück, denn trotz Wolken und gemeldetem Regen wurden wir nicht nass.
Etappe 4 – vom Ötztal ins Passeiertal – die Königsetappe
16 km, ↑ 1122m, ↓ 760m, 6h

In Zwieselstein (kurz nach Sölden) startete die heutige Route. Von dort ging es direkt steil bergauf und dann entlang des Timmelsbaches immer weiter das Tal hinauf. Diese Route ist eine originale E5-Etappe, doch wider meiner Erwartungen war überhaupt nichts los auf der Strecke. Außer drei Wanderer und gefühlt 150 Kühen haben wir niemanden getroffen. Der Wanderweg steigt immer weiter an, bis man deutlich oberhalb der Passstraße gen Timmelsjoch marschiert. Oben angekommen (2509m) hat man einen Meilenstein erreicht: Die Grenze zwischen Österreich und Italien! Auf diesen Erfolg hin mussten wir erst einmal was Essen: Timmelsburger mit Pommes und Kaiserschmarrn mit Apfelmus.
An einer alten Zollstation vorbei, die heute nicht mehr als eine verfallene Steinhütte ist, ging es nun stetig bergab. Die letzten 30 Minuten unseres Abstiegs wurde dann eher ein Trailrun aus unserer Wanderung – wir mussten uns richtig beeilen, um den Bus nach St. Martin in Passeier zu erwischen, der fährt nämlich im 2-Stunden-Takt und allzu lange wollten wir dann doch nicht mehr warten. Es ging aber alles gut und am Restaurant Hochfirst erwischten wir unseren Bus.
Etappe 5 – entlang der Waalwege vom Passeiertal bis nach Meran
20 km, ↑ 880m, ↓ 1000m, 6,5h

Am letzten Tag unserer Alpenüberquerung hatten wir nochmal Kaiserwetter. Ab Saltaus im Passeiertal wanderten wir einen Höhenweg entlang, der dann in die Meraner Waalwegrunde überging. Den Kessel von Meran hatten wir dabei relativ bald im Blick, sodass unser Ziel so langsam greifbar wurde. Immer wieder schlängelte sich der schmale Waldpfad kleinere Täler hinein und wieder heraus, bis wir schließlich am Kuenser Waalweg angelangt waren. Diesem folgten wir bis nach Dorf Tirol. Wir kamen an hunderten Apfelbäumen vorbei, die durch das alpin-mediterrane Klima Südtirols mit 300 Sonnentagen im Jahr optimale Bedingungen zum wachsen haben. Auch Weinreben gibt es hier an jeder Ecke. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die wir durch mein persönliches Paradies wanderten, kamen wir an den Gasthof „Tiroler Kreuz“ wo es mit Schluzkrapfen und Hirtenmakkeroni ein verspätetes Mittagessen gab. Von hier an ging es weiter durch das uns bekannte Dorf Tirol bis zum Tappeinerweg, auf dem wir bis nach Meran hinunter spazierten.
Wir haben es also tatsächlich geschafft. Wir sind von Deutschland über Österreich bis nach Italien gewandert. Jede einzelne Tour hatte eine unterschiedliche Landschaft zu bieten und war auf ihre Weise wunderschön. Das tägliche Laufen ist wirklich entschleunigend und hilft, die Gedanken völlig abzuschalten. Außerdem habe ich es als unglaublich befriedigend empfunden, jeden Tag eine gewisse Strecke hinter sich zu bringen und an einem anderen Ort zu landen. Wir haben unsere Reise sehr genossen und würden sie jederzeit wieder machen.
Zum Glück gibt es noch andere Routen über die Alpen!
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